Ulf Aminde and Felix Ensslin on Jenny the Pirate

Dora wrote...

Tabu: I would like to call not to the stage our guests for today: Ulf Aminde, Ellen Blumenstein, Felix Ensslin. Ladies and Gentlemen, a warm applause for them.

(The guests enter. Ulf Aminde goes directly to the pianist and begins to read accompanied by her piano)

Ulf Aminde:

“Lieber Papa, mir geht es gut. Wie geht es dir? Wann kommst du? Wir warten, dass du wieder nach Hause kommst. Bringst du uns was mit? Heute bin ich in der Schule wieder von Kleo geärgert worden. Ich habe nix gemacht und sie kam von hinter und hat mir auf die Ohren gehauen. Wann kommst du? Ich mache jetzt mit Marta eine Bande. Ich hoffe dir geht es gut, immer musst du viel arbeiten. Heute durfte ich wieder die “Seeräuber Jenny” hören, auf Mamas Computer. Ich habe es ganz, ganz viele male gehört. Viele liebe Grüße, Marie.

Und ein Schiff mit acht Segeln und mit fünfzig Kanonen wird liegen am Kai.”

Diesen Brief hier lese ich vor, der ist von meiner Tochter, die mir schreibt, wenn ich viel unterwegs bin und ich frag mich natürlich, warum bin ich jetzt hier, warum bin ich nicht da, bei ihr, aber ich frage mich vor allem auch, wenn sie so gerne das “Jenny – Lied” hört, ob ich eigentlich der Kapitän sein kann, der das Boot, auf das sich die Jenny freut, lenken wird.

Und das Schiff mit acht Segeln

Und mit fünfzig Kanonen

Wird beflaggen den Mast.

 

 

Felix Ensslin:

Also wenn ich an Jenny denke, dann kommen mir erstmal ganz andere Assoziationen, Jenny Müller, Jenny Jetke, Jenny Ulmaier, es gibt so eine Art Geheimgesellschaft von Jennys hier in Deutschland, von Frauen, die sind alle so 45, 46, 44 Jahre alt und die heißen alle Jenny. Und die erkennen sich auch alle gegenseitig, wenn man auf einer Party ist, auf einer Kinderparty und in der einen Ecke sagt eine, sie heißt Jenny, dann sagt die andere Jenny in der anderen Ecke, ah, ich weiß du – aber sie spricht es nicht aus. Und dann fragt man sich natürlich, was steckt da dahinter? Und wenn man genau hinguckt, dann erfährt man, die haben auch alle ihren Urlaub immer gleich verbracht. In der SDAJ, in Rostock, in Dresden, und dann natürlich, die Eltern waren alle in der DKP, und dann musste die Tochter, wenn sie erstmal geboren war natürlich den Namen erhalten und der war ganz selbstverständlich Jenny. Nach der Tochter von Karl Marx, Jenny. Eine von denen kam neulich zu mir und hat gesagt, hey Felix, erinnerst du dich noch, wir waren gemeinsam im ersten kommunistischen, antiautoritären Kinderlager in Charlottenburg, ich habe gesagt, ne, ehrlich gesagt, so richtig lebendig ist die Erinnerung nicht, die hatte ein Foto dabei und sagte, guck dir das Foto hier an, da bist du auch drauf, und es waren so sechs, sieben, Kinder, alle nackt, die haben an den Wänden gemalt, irgendwelche Zeichnungen, zwei, drei, sind noch durch die Gegend gerannt, und es waren so Holzklötzchen, relativ große und auf einem in der Mitte saß einer, ganz angezogen. Und das war ich.